„Wir werden nicht aufhören, laut zu sein“

Von Manuel Deutschmann

Die Corona-Krise hat den Klimaschutz vorübergehend aus der Öffentlichkeit verdrängt. Katharina Rogenhofer, Bundessprecherin des Klimavolksbegehrens, hofft, dass das Klima nun im Rahmen des wirtschaftlichen Neustarts nicht zu kurz kommt. 

Ein Termin für ein Video-Interview mit Katharina Rogenhofer ist rasch vereinbart – ohnehin haben sich während der Corona-Krise die meisten Aktivitäten rund um den Klimaschutz ins Netz verlagert. Rogenhofer, die in Wien und Oxford studiert hat, ist maßgeblich mitverantwortlich dafür, dass Fridays for Future auch in Österreich Fuß gefasst haben, seit März 2019 ist sie Sprecherin des Klimavolksbegehrens. Bereits im Vorfeld der offiziellen Eintragungswoche haben mehr als 100.000 Menschen die vier Forderungen des Volksbegehrens unterschrieben – die Verankerung eines Rechts auf Klimaschutz in der Verfassung, einen Stopp für Treibhausgase, eine ökosoziale Steuer- und Subventionenreform und eine nachhaltige Verkehrs- und Energiewende. In der Eintragunsgwoche vom 22. bis 29. Juni 2020 kann man das Volksbegehren auf jedem Gemeinde- und Bezirksamt oder online per Handysignatur unterschreiben.

Die Corona-Krise steht derzeit in der Öffentlichkeit im Vordergrund. Wird das Klimavolksbegehren dadurch negativ beeinflusst?

Das Klima-Thema war vor Corona lange Zeit omnipräsent. Die Krise kam dann aber so plötzlich, dass der Klimaschutz bei vielen Medien jetzt verständlicherweise vom Tisch ist. Es lässt sich sehr schwer einschätzen, wie groß der negative Einfluss auf uns ist. Ich glaube aber, dass anstehende Klima-Events die Aufmerksamkeit auf den Klimaschutz zurücklenken werden. Da wäre zum Beispiel der Austrian World Summit am 17. September und die Mutter-Erde-Woche des ORF. Außerdem soll uns ein heißer Sommer bevorstehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass nach dem Sommer der Umweltschutz durchaus wieder mehr im Mittelpunkt steht.

Durch den kurzzeitigen Rückzug der Menschen aus der Natur gibt es auch positive Nebenwirkungen der Krise zu beobachten – etwa den massiven Rückgang des Smogs in Städten wie Rom oder Wuhan. Wird das einen Lerneffekt haben?

Ich habe eher die Befürchtung, dass die Leute glauben, dass wir durch Corona in diesem Jahr sowieso weniger Emissionen haben. In Wirklichkeit sind wir aber ganz sicher in kürzester Zeit wieder auf den alten Werten.

Der erste große Schritt bleibt also der Politik überlassen?

Na klar! Und ich hoffe, sie vergisst beim 38-Milliarden-Hilfspaket nicht das Klima. Investitionen in den Klimaschutz sind derzeit einfach eine Win-Win-Win Situation. Für die Wirtschaft, die Umwelt und die Menschen. Wir zahlen so viel Geld für den Import von fossilen Brennstoffen. Das könnten wir auch im Inland investieren und Arbeitsplätze und Wertschöpfung hier bei uns schaffen.

Du erwähnst auch in deinen Presseaussendungen immer wieder die Notwendigkeit, den Klimaschutz in den wirtschaftlichen Neustart miteinzubeziehen. Glaubst du, die Politik macht diesen Schritt? 

Natürlich gibt es genug Menschen und Organisationen, die sich gegen eine Veränderung wehren. Es wird Branchen geben, die verlieren. Ohne Veränderung kommt Österreich aber nicht weiter. Hätten wir weiterhin Kutschen und Schreibmaschinen subventioniert, wären wir auch nicht weitergekommen. Manche Branchen ändern sich einfach. Natürlich darf es aber nicht sein, dass Menschen von heute auf morgen ihren Arbeitsplatz verlieren. Dafür plädiere ich auch nicht, aber in einer gesunden Wirtschaft müssen wir uns einfach weiterentwickeln.

Wie schätzt du die Chancen des Klimavolksbegehrens im Parlament ein?

Schwierige Frage. Teilweise sind unsere Forderungen ja schon wortwörtlich im Regierungsprogramm. Das empfinde ich schon als einen ziemlichen Sieg für uns. Wir werden den Druck auf die Regierung aber aufrechterhalten, weitere Forderungen von uns umzusetzen. Es darf nicht passieren, dass das Volksbegehren nur besprochen wird, und es keine Umsetzung gibt.

Und wenn das passieren sollte?

Ich sehe das Klimavolksbegehren als eines von vielen Werkzeugen. Es gibt ja nicht nur uns da draußen. In den letzten Jahren ist ein enormes Netzwerk um den Klimaschutz entstanden. Und allein durch dieses Netzwerk können wir schon Veränderungen erzielen. Die Politik wird von allen Seiten mit diesem Thema konfrontiert und wir werden nicht aufhören, laut zu sein.

Wie geht’s bei dir persönlich nach dem Volksbegehren weiter?

Eine ganz schwere Frage. Mein Leben nahm in den letzten Jahren sehr lustige Verläufe. Ich habe Naturschutz studiert und bin dann von der Wissenschaft in den Aktivismus gegangen, habe bei Fridays for Future angefangen und das Klimavolksbegehren übernommen. Das ist alles ohne jegliche Planung passiert. Ich weiß also nicht wirklich, wie es weitergeht. Aber ich bleibe auf jeden Fall im Klimaschutzbereich.

30. April 2020