Wohnen

"Dorfschmiede": Gemeinschaft neu gedacht

von Michael Baumgartner

2020 hat das Magazin zum Markt der Zukunft über das von Theresa Mai mitbegründete Unternehmen Wohnwagon” und ihr Projekt Dorfschmiede” in Gutenstein berichtet [MDZ 2020, S. 18]. Jetzt haben wir nachgefragt, was sich im vergangenen Jahr alles geändert hat. Speziell die Dorfschmiede” als alternative Form des Zusammenlebens mit einer starken wirtschaftlichen Komponente hat uns interessiert. Wer wissen will, wie sich der Alltag in der innovativen Gemeinschaftsschmiede anfühlt, kann dazu die Reportage aus dem Vorjahr lesen.

Unterstützung von der Gemeinde

„Die Gemeinde unterstützt das Projekt in letzter Zeit sehr. Wir bekommen zwar keine finanzielle Förderung, werden aber bei der Vernetzung mit der Community und anderen Menschen unterstützt, was für die Dorfschmiede sehr wertvoll ist”, erzählt Theresa Mai. In Gutenstein seien ihr Team und sie genau richtig gewesen, von Anfang an sei ihr Projekt herzlich aufgenommen worden, betont Mai. Sie gründete im Jahr 2013 gemeinsam mit Christian Frantal zunächst in Wien das Unternehmen Wohnwagon und setzt sich seit drei Jahren in der Gemeinde Gutenstein, 50 Autominuten nordwestlich von Wiener Neustadt, für eine neue Qualität des Zusammenlebens ein.

Wir gründen ein Dorf” – das war die Ausgangsidee der Dorfschmiede als Ort des Zusammenkommens, des gemeinsamen Wirtschaftens und Lebens. Als Wohngemeinschaft will Mai das Projekt nicht verstanden wissen, auch wenn es mit dem Gutensteiner Hof einen Ort für gemeinsame Aktivitäten gibt, den die Genossenschaft betreibt. Aber das Projekt versteht sich zudem als eines, das gemeinsame wirtschaftliche Chancen eröffnet. Über einen Vermögenspool wurde in einem ersten Schritt der Hof gekauft, renoviert und die Ölheizung gegen eine Hackschnitzel-Solar-Heizung getauscht – immer mit dem Ziel, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt. Die Tiny Houses von Mais Unternehmen Wohnwagon, platzsparende, autarke und formschöne Wohnwagen, werden in Gutenstein produziert. Im Gutensteiner Hof wird auch gemeinsam gekocht, das Gemüse dafür kommt aus einer mit der Schmiede verwurzelten” Gemüsegärtnerei, für Kinder gibt es ein eigenes Betreuungsprogramm. Zu besonderen Anlässen, etwa zur Sonnenwende, wird gemeinsam gefeiert. Die Zahl der Mitglieder wächst, aktuell zählt die Dorfschmiede bereits 50 Mitglieder.

Theresia Mai ist die Gründerin von Wohnwagon und der Dorfschmiede

Renovierungsarbeiten schaffen regionale Arbeitsplätze

Theresa Mai sieht das, was die Dorfschmiede ausmacht, als Kreislauf: Bei der laufenden, stufenweisen Renovierung des Hofes entstehen Arbeitsplätze, die bevorzugt an Menschen aus der Gegend gehen. Diese profitieren dadurch von der Dorfschmiede, aber genauso können sie selbst deren Angebote nutzen. Ihre Kinder können die Krabbelgruppe oder Lerntrainings besuchen, die Räume stehen für Workshops und Veranstaltungen zur Verfügung und am Gutensteiner Hof gibt es täglich einen Mittagstisch. Damit bleibe der Euro in einem Zyklus und die Einnahmen der Dorfschmiede gingen zurück an die Genossenschaft, die diese in neue Projekte investiere. Mai geht es bei all ihren Projekten um ein nachhaltiges Leben, das Spaß macht.

Gemeinschaft und Zusammenhalt

In der von Social Distancing geprägten Zeit haben sich laut Theresa Mai die Stärken des Projekts und des damit einhergehenden Zusammenhalts gezeigt. Denn trotz der körperlichen Distanz war in der Dorfschmiede ein sehr starkes Gemeinschaftsgefühl zu spüren. Für die Zukunft plant Mai den Ausbau der Gästezimmer im ersten Stock sowie eine Renovierung des Veranstaltungs- und des Gastraums. Einige Mitglieder sind Mai in letzter Zeit besonders ans Herz gewachsen: So freut sie sich besonders über das Engagement von Gottfried. Er ist der direkte Nachbar des Hofes und befindet sich in Frühpension. Er hat hier nicht nur Anschluss für seine Freizeit gefunden, sondern ist bei der Firma Wohnwagen auch geringfügig als Hausmeister angestellt. Dabei bringt er sich tatkräftig ein und schaut darauf, dass der Hof lebendig bleibt. Vor kurzem hat er zum Beispiel für die Kinder eine Sandkiste gebaut und sogar seine eigene Keramikwerkstätte eröffnet.

Das Gemüse für den Mittagstisch kommt von der Gemüsegärtnerei Verwurzelt, direkt neben der Gärtnerei

Fotos: Wohnwagon GmbH (Titelbild), Christina Harrich (2,3)