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Dan Perjovschi: Kritiker mit Filzstift

Die reduzierten Filzstiftzeichnungen des rumänischen Künstlers und Aktivisten Dan Perjovschi sind eine Kombination aus Text und Bild, die aktuelles Zeitgeschehen mit Ironie auf den Punkt bringen.

Dan Perjovschi benötigt weder Pinsel noch Leinwand. Sein Werkzeug ist ein dicker schwarzer Filzstift. Damit zeichnet er seine Karikaturen direkt auf Wände, die nach den Ausstellungen wieder übermalt werden. In seiner Heimat Hermannstadt bekritzelt Dan regelmäßig eine Mauer mit seinen Strichzeichnungen. Auch andere Künstlerinnen und Künstler aus der Umgebung beteiligen sich an dieser öffentlichen Galerie, die so zu einem Konglomerat an Visualisierungen des gegenwärtigen Zeitgeschehens wird.

Dan Perjovschi in seinem Atelier in Hermannstadt

Der 1961 in Hermannstadt geborene Karikaturist kann seine Kunst nicht immer so frei ausleben. Er wächst im kommunistischen Rumänien unter dem Regime von Nicolae Ceaușescu auf. Sein Talent wird schon im Alter von zehn Jahren erkannt, weshalb er eine Schule für begabte Kinder besucht. Dort trifft er das erste Mal auf seine spätere Frau Lia. Sie wird ebenfalls Künstlerin und die beiden heiraten nach ihrem Studium, das Dan am George Enescu Conservatoire of Fine Arts in Iași abschließt.

Revolution in Kunst und Gesellschaft

Während des Kommunismus arbeiten viele Künstlerinnen und Künstler isoliert in ihren Wohnungen. Auch die Perjovschis wissen in dieser Zeit fast nichts über die Kunst der 60er- bis 90er-Jahre. Nach dem Sturz des Ceaușescu-Regimes 1989 etabliert sich eine künstlerische Avantgarde, zu der auch das Ehepaar Perjovschi zählt. Dan und Lia kommen nach der rumänischen Revolution erstmals mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern in Kontakt. 1991 beginnt Dan für Revista 22 zu zeichnen, die erste rumänische, unabhängige Wochenzeitschrift nach dem Sturz des Diktators.

Globale Kritzelkritik

Internationale Bekanntheit erlangt Dan Perjovschi, als er 1999 auf der Biennale in Venedig den Fußboden des rumänischen Pavillons mit rund 3000 gesellschaftskritischen Kritzeleien übersät. Seitdem reist er mit seinem Werkzeug, dem Filzstift, um die Welt und war mit seinen Strichkunstwerken schon bei Ausstellungen im Museum of Modern Art in New York, Centre Pompidou in Paris, Museum of Contemporary Art in Tokio, aber auch beim steirischen herbst  vertreten.

Kritik auf den Punkt gebracht

Für die rumänische Wochenzeitschrift Revista 22 greift Dan Perjovschi heute noch zum Filzstift. Seine pointierte Kritzelkunst hat er in Form einer exklusiven Zeichnung auch für BLANK11 zu Papier gebracht.


Text: Hannah Gössmann | Foto: Boris Böttger | Zeichnung: Dan Perjovschi

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