Rumäniens IT-Sektor zählt zu den am schnellsten wachsenden der Welt. Die Bukarester Videospielfirma Killhouse Games zeigt, wie man als Jungunternehmer das Potential der Branche
ausschöpfen kann.
Eine heruntergekommene Straße im Herzen von Bukarest. Das alte Stiegenhaus ist voller Baustaub. Dan Dimitrescu, Designchef von Killhouse Games, schließt die Tür zu seiner Firma auf und betritt eine wesentlich modernere Welt. Nur das Surren der Computer und der Duft von frischem Kaffee liegen in der Luft. Seine Kollegen arbeiten hochkonzentriert.
Rumäniens IT-Sektor boomt. Die Österreichische Wirtschaftskammer notierte 2016 elf Prozent Umsatzwachstum im rumänischen IT-Bereich, bei einem allgemeinen Wirtschaftswachstum von 4,8 Prozent. Zum Vergleich: Österreich erreichte in diesem Sektor 2,7 Prozent und nur 1,5 Prozent gesamt an Wirtschaftswachstum.
Im Gegensatz zu anderen Branchen sind die Gehälter für IT-Fachkräfte nahezu auf EU-Niveau. Das liegt unter anderem auch an der Lohnsteuerbefreiung. Immer mehr rumänische IT-Fachkräfte kehren deshalb in ihr Heimatland zurück, während in anderen Branchen Arbeiterinnen und Arbeiter auswandern, um in westlichen Ländern besser zu verdienen.
Guter Boden für Gründer
Killhouse Games haben diese Umstände genutzt und sich 2012 aus dem französischen Videospielkonzern Ubisoft heraus zu einem erfolgreichen Start-up formiert. Ihre ehemalige Firma hatte bereits vor 25 Jahren weitere Vorteile Rumäniens erkannt: Eine hochwertige Ausbildung, unter anderem in Mathematik und Fremdsprachen, sowie die geographische Nähe zu Frankreich. Immer mehr europäische Konzerne lagerten in den letzten 20 Jahren Produktion und Entwicklung nach Rumänien aus.

„Ich glaube nicht, dass es den perfekten Plan zur Firmengründung gibt. Die Erfahrung, die man in einem großen Konzern machen kann, stellt aber zumindest eine hohe Qualität beim ersten eigenen Projekt sicher“, betont Dan Dimitrescu. Rund 90 Prozent der rumänischen IT-Kräfte arbeiten noch in ausländischen Unternehmen. Laut Romanianstartups.com existieren derzeit aber bereits 269 Start-ups – 153 davon alleine in Bukarest.
Computerspiele sind neben Netzsicherheit und Entwicklerwerkzeugen der Bereich mit den meisten Firmengründungen in Rumänien. „Du musst überall – nicht nur in Rumänien – ein gutes Produkt abliefern und auf dich aufmerksam machen. Hier haben wir nur den Vorteil, dass unsere Ausgaben geringer sind“, ergänzt er. Für ihn war das Start-up ein wichtiger Schritt, um mehr kreative Freiheit zu haben.
Schlüssel zum Erfolg im IT-Sektor
„Wir testeten vorab, ob sich die neue Idee, die wir auf den Markt bringen wollten, auch verkaufen lässt“, erklärt Dimitrescu zielstrebig. Das gelang mit einer sogenannten Early-Access-Version: Potentielle Kundinnen und Kunden konnten so – noch während der Entwicklung – das Strategiespiel DoorKickers spielen. Dank deren Rückmeldungen gewann Killhouse Games wichtige Informationen über das Marktpotential. Dimitrescus „langjähriges Studium“ aller Arten von militärischen Strategien und Taktiken prägte das Spiel maßgeblich, in dessen Verlauf eine Spezialeinheit unterschiedlichste Bedrohungsszenarien lösen muss.
Ihr Projekt finanzierten die Entwickler zunächst aus eigener Tasche. Die Kosten waren auch dank der eigenen Computer, um die sich die Entwickler penibel kümmern, gering. Ab den ersten Einnahmen aus der Testversion musste niemand mehr seine eigenen Ersparnisse in das Projekt stecken. Marketing und Vertrieb übernahm das Studio selbst.

Staatliche Unterstützung, abgesehen vom Erlass der Lohnsteuer, nahm Killhouse Games nie in Anspruch: „Es gibt zwar Subventionen, aber die sind primär für große Firmen gedacht“, meint Dimitrescu. Allein sie zu beantragen sei Zeitverschwendung. „Zuerst muss man sein gesamtes Vorhaben erklären und am Ende wird der Antrag dann doch abgelehnt. Ich habe ein unabhängiges Studio gegründet, damit ich mir Powerpoint-Präsentationen sparen kann.“
Die Zukunft von Killhouse Games wirkt vielversprechend. Das renommierte britische Branchenmedium Rock Paper Shotgun krönte ihr Spiel DoorKickers zum besten Taktikspiel des Jahres 2014. Mittlerweile ist das Team um Dan Dimitrescu ist gewachsen und arbeitet bereits an den nächsten Projekten.
Text: Clemens Istel | Bildmaterial © Markus Steinrisser