Vor zweieinhalb Jahren wurde Surab Alassanija Generaldirektor der „Nationalen Ukrainischen Fernsehgesellschaft“. Sein Ziel: die postsowjetische Struktur aufbrechen und einen öffentlich-rechtlichen Sender gestalten. Nun ist er zurückgetreten.
Text: Romana Jantscher, Foto: Paul Bernhard
“Es ist einfach, wenn man einen Feind hat und ihn kennt – doch mein Feind ist keine Einzelperson. Die Bürokratie und die Art wie unser politisches System funktioniert sind meine Feinde. Es ist zermürbend”, sagt Surab Alassanija. Die Politikerinnen und Politiker geben dem Krieg in der Ostukraine die Schuld an der schlechten Lage des Landes. “Aber niemand glaubt das wirklich”, sagt er. Das Problem sind Oligarchen und Regierende. Sie benehmen sich wie Geschäftsleute. “Sie sind kapitalistisch, korrupt und denken nicht an andere”.
“Wir haben keine Unterstützer”
Als NTKU-Generaldirektor legt Alassanija großen Wert auf verlässliche Informationen für die Öffentlichkeit. Wegen der investigativ-journalistischen Berichte sorgten die von ihm initiierten Sendungen oft für Aufsehen. Im ersten Halbjahr als Generaldirektor des Staatsfernsehens bekam er dauernd Anrufe und Drohungen von Regierenden. Und ließ sie kalt abblitzen: “Von so etwas lasse ich mich nicht beeinflussen“. Auch sein Redaktionsteam blieb stark. “Wir haben den korrupten Politikern nicht ‚geholfen‘ und im Gegenzug tun sie jetzt nichts für uns”, schlussfolgert der Medienmanager. “Wir haben keine Unterstützer.” Wie es mit den kritischen Beiträgen weitergeht, liegt in den Händen von Alassanijas Nachfolgerin oder Nachfolger. Wer das sein wird, ist noch unklar.
Sowjetische Überbleibsel
„Das Fernsehprogramm war voll mit schlechten, populistischen Shows, die ihre Zuseher manipulieren sollen”, sagt Alassanija direkt. „Ich habe den Mist einfach gestrichen. Das hat mich nicht beliebt gemacht, aber es musste sein”. Die Vision eines öffentlich-rechtlichen Senders, nach westlichem Vorbild, sieht er nur zum Teil verwirklicht: “Ich verstehe, dass die Leute nicht begeistert sind. Auch in anderen Ländern sind viele unzufrieden mit dem öffentlich-rechtlichen Sender. Wer möchte schon Gebühren zahlen? Unser Problem ist, dass noch immer nicht jedem klar ist, wie wichtig unabhängige Informationen für eine Demokratie sind.”
Wie geht es weiter?
Die ukrainische Regierung setzt auf Sparflamme. Während der Songcontest 2017 in Kiew eine große Summe aus dem jährlichen Budget verschlingt, bleiben für den normalen Sendebetrieb nur sieben Millionen Euro. „Eine Reform ist immer eine harte Sache, die vor allem Geld braucht“, meint Alassanija. Für ihn war es unmöglich mit diesem Budget zu wirtschaften. Schwarzgeld zu beschaffen und Gesetze zu brechen, ist für ihn keine Option. Gerüchten zufolge herrscht Unsicherheit darüber, ob die Ukraine Austragungsort des Songcontest bleibt. Eine Alternative ist für Alassanija undenkbar: „Zweiter war Australien, aber das ist liegt nicht in Europa. Dritter war Russland. Die Show dort auszutragen wäre kein Skandal, sondern eine Katastrophe.“
Mehr über Surab Alassanija lest ihr im Print-Magazin im Jänner.